Die erzählte Stadt München hat in mindestens drei Dutzend literarischer Werke eine zentrale Position. Sie ist dort nicht nur Ort der Handlung, nicht nur Kulisse, sondern selbst Protagonistin, ist handlungsbestimmend, ermöglicht und dominiert die Erzählung. Ein solches München wird er-textet in Literatur von Ani, Kolb, Fleißer, den Manns, Graf, Senocak, Brecht, Feuchtwanger, Draesner, Krausser, Wühr, Valentin u.a. In diesem Seminar steht nicht der Lokalbezug genannter AutorInnen im Vordergrund, wir beschäftigen uns weder mit Münchens Literaturmilieu noch mit biographischen Aspekten oder der „realen“ Stadt München. Vielmehr bleiben wir ausschließlich auf der Textebene, dem „Textmünchen“, und schließen an die bestehende Forschung zur Lesbarkeit von Städten und zur urbanen Semiotik an, die sich bisher v.a. mit Paris, Petersburg und New York beschäftigt hat. Erarbeitet werden gemeinsam zentrale theoretische Ansätze zur Stadtsemiotik wie auch jüngste Forschungsbeiträge mit unmittelbarem Bezug zu München. München erscheint dabei als Kunst-/künstliche Stadt, die neue Wahrnehmungsformen herausfordert, als Medium individueller und kollektiver Erinnerung, als Ort der Spurensuche, als Palimpsest aus Zeichen, als Gewirr aus Kommunikation.